Ausgabe zur LIGNA 2019

8 Ausg.Nr._10/2019 Fertigungszelle E in gesellschaftlicher Trend unserer Zeit ist der Wunsch nach individua- lisierten Produkten. Die Ferti- gung – besonders in der Mö- belindustrie – unterliegt jedoch einem hohen Preisdruck. Daraus resultierte die Herausforderung eine Fertigungszelle zu schaf- fen, die individuelle Bauteile fertigt und das bei gleichzeitig hoher Produktivität! In Zusammenarbeit mit einem namhaften Möbelhersteller hat sich die Zimmer Group diesem Problem angenommen. So wurde eine roboterbasierte, hochfle- xible, produktive und modulare Fertigungszelle entwickelt, die in diesem Jahr mit dem German Innovation Award ausgezeich- net wurde. Die Zelle trägt dazu bei, auch am Hochlohnstandort Deutschland zu wettbewerbsfä- higen Kosten produzieren zu kön- nen und damit Arbeitsplätze zu erhalten. Sie leistet damit auch einen Beitrag, um individuali- sierte Produkte erschwinglich zu machen. Das System kann variable Werk- stücke in Losgröße 1 verarbeiten und durch Hinzufügen von weite- ren Funktionsmodulen die Leis- tungsfähigkeit nahezu beliebig skalieren. Der Ausbau der Zellen reicht von wenigen Metern mit 1 oder 2 Bearbeitungsstationen bis zu 100 Metern mit mehr als 30 Bearbeitungsstationen. Diese Modularität ermöglicht individu- elle Lösungen, die schnell in Be- trieb genommen werden können, da jedes Modul einzeln vorab ge- testet werden kann. Das verkürzt die Hochlaufzeiten im Vergleich zu klassischen Bearbeitungsma- schinen erheblich. Sie lässt sich leicht an spezifische Einsatzfälle oder auch dem logistischen Um- feld und den notwendigen Sicher- heitskonzepten anpassen. Diese Agilität im vollautomatisierten Umfeld wird momentan von kei- nem konservativen System am Markt erreicht! Für jedes dieser Module exis- tiert ein digitaler Zwilling, d.h. die Software ist bereits für jedes Modul vorhanden und an einem HILS-System („Hardware in the Loop- System“) getestet. Wird eine neue Kombination von Mo- dulen benötigt, kann bereits vor der Disposition ein digitaler Zwil- ling der gesamten Zelle erzeugt, der Materialfluss getestet und die Leistungsfähigkeit der Anlage in Echtzeit überprüft werden. Die- ser HILS-basierte digitale Zwilling begleitet die Anlage während der gesamten Lebenszeit. Er dient als Trainingsgerät für neues Bedien- personal und zum Vorabtest bei Neuprodukten. Bei der Losgrö- ße-1- Produktion in Echtzeit lässt sich vorab die Tagesproduktion simulieren, der „Produktionssta- tus“ freischalten bzw. sperren und somit einen Produktionsstau verhindern. Die zum Patent angemeldete Zelle besteht aus drei zentralen Einhei- ten: einem hochflexiblen Trans- portmodul, einem Bearbeitungs- modul mit zwei Industrierobotern und skalierbaren Handlingsmo- dulen. Das Transportmodul sorgt für den Werkstücktransport in der Zelle und verknüpft die Be- und Entladestationen mit den Bear- beitungs- und Messstationen. Die individuell gesteuerten Trans- porteinheiten (Shuttles) können je nach Anforderung als Master oder als Slave eingesetzt werden und dabei entweder einzeln oder im Verbund agieren. Dadurch entfällt eine starre Kopplung des Transports z.B. über ein durchge- hendes Transportband. Das zentrale Bearbeitungsmodul besteht aus zwei Industrierobo- tern, die jeweils mit einer Multi- bearbeitungseinheit ausgerüstet sind. Die beiden kooperierenden Roboter arbeiten in einem räum- lich begrenzten Bereich. Hier wird das Werkstück innerhalb ei- nes sonst fließenden Prozesses kurzzeitig angehalten. Der eng begrenzte Bearbeitungsraum er- möglicht dabei eine Minimierung der Bearbeitungstoleranzen. Eine weitere große Herausforderung ist es, mit handelsüblichen Robo- tern eine auf +/- 0,1 mm genaue Fertigung zu ermöglichen. Dazu hat unsere „Know-How Factory“ eine sensorische Inline-Korrek- tur-Funktion entwickelt, welche die geforderte Präzision perma- nent überwacht und gegebenen- falls automatisch nachkorrigiert. Ein entscheidender Vorteil gegen- über herkömmlichen Maschinen ist die extrem hohe Anlagenver- fügbarkeit der Roboterbearbei- tungszelle. Das Transportsystem ist so konzipiert, dass die Shut- tles bei Bedarf im Betrieb einzeln ausgeschleust und ausgetauscht werden können. Alle anderen Anlagenkomponenten sind so ausgelegt, dass im Servicefall oder bei Wartungsarbeiten keine unnötigen Demontagen erforder- lich sind. Eine weitere Innovation liegt in der integrierten 48 V Akku-Zwischen- kreispufferung, welche in Kom- bination mit der Rekuperations- funktion der Transporteinheiten die Laststromspitzen um ca. 85% und somit den Energieverbrauch der Anlage um mehr als 8% redu- ziert. Die Zelle kann direkt an ein MES-System angebunden werden. Die einzelnen Werkstücke wer- den durch einen Barcode von der Maschinensteuerung eindeutig identifiziert. Damit werden eine umfassende Fertigungskontrolle und eine hohe Produktionsquali- tät sichergestellt. Die Zimmer Group wurde 1980 durch die Brüder Martin und Gün- ther Zimmer in Rheinau gegrün- det. Das Unternehmen, das mitt- lerweile weltweit mehr als 1.200 Mitarbeiter beschäftigt und einen Jahresumsatz von rund 165 Milli- onen Euro verzeichnen kann, hat seine über Jahrzehnte gewachse- nen Kompetenzen in sechs schlag- kräftigen Technologiebereichen gebündelt: Handhabungstechnik, Dämpfungstechnik (industrielle Dämpfung sowie Soft Close für Möbel), Lineartechnik, Verfah- renstechnik, Maschinentechnik und Systemtechnik. In diesen Technologiebereichen entstehen Produkte mit technologischem Führungsanspruch, die weltweit unter den etablierten Markenna- men der Zimmer Group vertrieben werden. Mehr dazu unter www.zimmer-group.de . Die Multi ProcessCell – agile Losgröße-1-Fertigung

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