Ausgabe zurTRANSPORT LOGISTIC 2019

26 Ausg.Nr._11/2019 Gigabit-Netze Von der Straße bis zum Internet Infrastruktur schneller planen dankMachine Learning A utonomes Fahren oder Paketzustellung per Drohne in Deutschland? Die Voraussetzung dafür ist eine sichere, stabile und schnel- le Datenübertragung, die sich nur über ein flächendeckendes Glasfasernetz realisieren lässt. Doch allein um die Kabel-Tras- sen zu finden, ist ein immenser Aufwand nötig, der sich kaum stemmen lässt. Prof. Alexander Reiterer, Dominik Störk und Dr. Katharina Wäschle vom Fraun- hofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM entwickelten eine neuartige Prozesskette, die auf Machine Learning basiert und diese Herausforderung löst. Dafür erhalten sie den Joseph- von-Fraunhofer-Preis. Das Internet ist schon wieder zu langsam? Das soll sich künftig ändern: Denn bis Ende 2025 soll ganz Deutschland Zugriff auf Gigabit-Netze haben. Das ist er- klärtes Ziel der Bundesregierung. Dies ist allerdings nur über Glas- faser-Kabel zu realisieren. Doch wo verlegt man diese am besten? Diese Frage war bislang kaum zu beantworten. Schließlich gilt es unzählige Parameter zu beach- ten: Werden Bäume durch die Tiefbauarbeiten verletzt? Wird teurer Bodenbelag wie Pflaster durchquert? Bisher begehen Mitarbeiter des jeweiligen Tele- kommunikationsunternehmens jede einzelne Straße des entspre- chenden Gebiets, machen Fotos, nehmen Maße und werten diese manuell aus. Trassenplanung: wenige Tage statt mehrerer Wochen Prof. Alexander Reiterer, Dominik Störk und Dr. Katharina Wäschle vom Fraunhofer IPM in Freiburg liefern mit ihrer Forschung eine Lösung und wurden dafür mit dem diesjährigen Joseph-von- Fraunhofer-Preis geehrt. »Wir ha- ben eine einzigartige Prozessket- te entwickelt: Sie kann zwei- und dreidimensionale Daten vollau- tomatisiert auswerten, die ent- sprechenden anwendungsspezi- fischen Objekte erkennen und in digitale Planungskarten einbin- den«, erläutert Prof. Alexander Reiterer, der die Entwicklung am Fraunhofer IPM verantwortet. Für die Deutsche Telekom, die als erstes Unternehmen auf die neue Prozesskette des Fraunhofer IPM setzt, heißt das: Die Planung des Glasfaserausbaus für eine Kleinstadt dauert statt mehrerer Wochen nur noch wenige Tage. »Erste Tests zeigen: Mit der Da- tengrundlage aus unserem Tool kann die Deutsche Telekom den gesamten Planungsprozess bis zu 70-mal schneller durchführen – und dies vollautomatisiert«, ergänzt Dominik Störk, Informa- tiker am Fraunhofer IPM. 100 000 Bilder als Trainings- daten Das »Futter« des Prozesses bil- den zentimetergenaue Daten, die von speziellen Messfahrzeu- gen mit Kameras, Laserscannern und Systemen für die räumliche Verortung der Daten aufgenom- men werden. Der Clou liegt in der Auswertung dieser Daten: Über Machine-Learning-Verfahren er- kennt das System automatisch, welche Objekte in dem betrach- teten Areal stehen. Doch bevor das System die erfassten Daten auswerten kann, muss es zu- nächst einmal trainiert werden. Die große Herausforderung lag daher vor allem darin, eine ent- sprechende Datenbasis für das Training aufzubauen. »Aus fast zwei Millionen Messbildern wur- den rund 100 000 repräsentative Aufnahmen ausgewählt und ma- nuell von 50 Mitarbeitern über zwölf Monate ausgewertet: 30 unterschiedliche Objektklassen wurden dabei annotiert«, erklärt Dr. Katharina Wäschle, Wissen- schaftlerin am Fraunhofer IPM. Der entstandene Datensatz ist hinsichtlich Diversität – etwa unterschiedlichen Witterungen – und Qualität weltweit einzig- artig. Mit diesem trainierte das Team ein neuronales Netz, quasi die Kernkomponente der auto- matisierten Erkennung. Ein heu- ristisches Regelwerk optimiert die Auswertung zusätzlich. Darin sind Informationen hinterlegt wie »Kanaldeckel auf dem Bo- den« oder »Gehwege befinden sich neben Straßen«. Auf diese Weise ordnet das System jedem Datenpunkt die Information zu, zu welchem Objekt er gehört. Daraus lässt sich umfangreiches Kartenmaterial automatisiert ab- leiten. Das Beispiel Deutsche Telekom zeigt, wie wichtig solche se- mantischen Karten sind: Mehr als 1800 Tiefbauunternehmen in Deutschland werden solche Da- ten, geschaffen durch das Fraun- hofer-Tool, zukünftig für den Ausbau des Glasfasernetzes nut- zen. Auch das Bauunternehmen STRABAG AG, das Baustellen auf Autobahnen und Straßen mit ei- nem Drohnensystem überwacht, wird zukünftig für die Auswer- tung auf die Fraunhofer-Techno- logie setzen. Die Bundesanstalt für Straßenwesen BASt nutzt sie in einem Pilotprojekt, um ihre Kartierung von Straßenmöbeln aktuell zu halten.  Text & Bild: Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. Hansastraße 27 c D-80686 München www.fraunhofer.de Mit dem Fraunhofer-Tool lassen sich dank Machine Learning Infrastrukturen in Tagen statt Wochen planen. © Fraunhofer / Piotr Banczerowski

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