METAV 2020:
Mit Vernetzung und digitalem Know-how zu neuen Geschäftsmodellen

Foto: Messe Düsseldorf / ctillmann
Foto: Messe Düsseldorf / ctillmann

Der VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken), Veranstalter der METAV, lud am 12. und 13. Dezember zum Internationalen Presseforum nach Aachen ein. Die 21. METAV, Fachmesse für Technologien der Metallbearbeitung, findet vom 10. bis 13. März 2020 in Düsseldorf statt. 40 Jahre nach ihrer Premiere steht die Messe nicht nur für neue Produkte, Technologien und Dienstleistungen in der Metallbearbeitung. Sie spiegelt auch die Spannung wider auf der Schwelle zur vierten industriellen Revolution. Immer mehr drängen Themen wie vernetzte Produktion, künstliche Intelligenz und Industrie 4.0 in den Fokus mitsamt den Herausforderungen gerade für mittelständische Unternehmen. Auf dem Forum im Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen University, einem der renommiertesten produktionstechnischen Forschungsinstitute weltweit, wurde deutlich, dass neben interdisziplinärer Forschung auch eine breit angelegte Offensive zum Wissens- und Informationstransfer gefordert ist, damit es der Industrie gelingen kann, aus gigantischen Datenmengen Unternehmens-Mehrwert und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.

METAV setzt erfolgreich auf Trendthemen
„Industrie 4.0 nimmt in der Metallbearbeitung Fahrt auf“, stellte VDW-Geschäftsführer Dr. Wilfried Schäfer auf dem Forum fest. Die METAV biete die Gelegenheit zu einer umfassenden Betrachtung und Bewertung der Entwicklung, von der vernetzten Fertigung zu Cloud-Anwendungen über Datenanalyse, 5G, Machine Learning bis zur künstlichen Intelligenz. Ähnlich wie auf der EMO Hannover, gibt es auf der METAV 2020 einen umati (universal machine tool interface)-Showcase, wenn auch in kleinerem Format. Dabei soll demonstriert werden, wie einfach, schnell und unkompliziert Daten über die umati-Schnittstelle ausgetauscht werden können.

Einen kompletten Überblick über interessante Industrie 4.0-Lösungen und realisierte Projekte gibt der 3. mav- Themenpark Automatisierung und Digitalisierung, der es Besuchern zudem ermöglicht, mit Experten ins Gespräch zu kommen. Einen weiteren Schwerpunkt stellt das Thema Sicherheit dar. Erstmals organisiert der VDW gemeinsam mit dem VDMA am 11. März 2020 einen Kongress zur Cybersecurity. Dahinter steht die Frage nach der Verfügbarkeit und Sicherheit der Daten. Dr. Schäfer ist überzeugt: „Der Erfolg neuer Geschäftsmodelle mit Datendiensten und -services hängt essenziell davon ab, dass die Sicherheit gewährleistet ist.“ Wie derartige Geschäftsmodelle aussehen können, ist ein Forschungsschwerpunkt am Aachener WZL. Darum geht es am METAV-Messestand, wo das WZL mit einem Industriepartner das Thema Plattformökonomie, also die Monetarisierung von Maschinendaten präsentiert. Welche Tragweite das Thema für die Zukunft der industriellen Fertigung hat, wurde indes auch beim METAV-Presseforum deutlich.

Zu Gast am traditionsreichen Forschungsstandort
Das WZL der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen ist ein aus vier Lehrstühlen der Ingenieurdisziplin Maschinenbau bestehendes Forschungsinstitut im Bereich Lehre und Forschung für Produktionstechnik. Geforscht wird hier seit über 110 Jahren. Seit 1948 richtet das WZL zusammen mit dem Fraunhofer Institut für Produktionstechnik (IPT) das Aachener Werkzeugmaschinen-Kolloquium (AWK) aus, das alle drei Jahre stattfindet und mit weit über 1.000 internationalen Besuchern als eines der größten Industriekolloquien weltweit gilt. 2020 findet es bereits zum 30. Mal statt. Aachen ist mit über 45.000 Studierenden die größte Universität für technische Studiengänge in Deutschland.

WZL und Fraunhofer IPT arbeiten traditionell industrie- und praxisnah mit Partnern verschiedener Branchen in ganz unterschiedlichen Projekten zusammen, um Lösungen für industrielle Themenstellungen zu finden. Wie Prof. Christian Brecher, Leiter des Lehrstuhls für Werkzeugmaschinen und ab 2020 Präsident der WGP (Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik), in seiner Begrüßung beim METAV-Presseforum deutlich machte, ist die integrative und domänenübergreifende Zusammenarbeit auch ein Wesen des neuen Exzellenzclusters Internet of Production (IoP), das zu Beginn des Jahres 2019 gestartet ist.

„Nach 12-jähriger Forschung im Rahmen des Exzellenzclusters Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer steht damit nun der nächste wichtige Meilenstein zur weiteren Schaffung anwendungsorientierter und innovativer Lösungen im Bereich der Produktionstechnik auf dem Programm“, so Brecher. Das Internet of Production biete dabei die echtzeitfähige, sichere Informationsverfügbarkeit aller relevanten Daten zu jeder Zeit, an jedem Ort und gelte damit als das Kernstück von Industrie 4.0.

Moderne Fertigungstechnik live erleben
Ausgewählte Projekte am WZL präsentierte Prof. Thomas Bergs, Lehrstuhl für Technologie der Fertigungsverfahren. „Kommende Herausforderungen sind mit konventionellen Methoden nicht mehr zu bewältigen“, betonte Bergs. Das Internet of Production ermögliche zukünftige Wertschöpfung, steigere die Fähigkeit von Unternehmen, Krisen zu bewältigen und ermögliche so den Umgang mit veränderlichen Rahmenbedingungen. Bergs erläuterte dazu die Prognosefähigkeit in adaptiven Prozessketten, stellte den Nutzen eines digitalen Zwillings für die Qualitätssicherung dar und unterstrich die Notwendigkeit einer Analyse der im Produktionsprozess gewonnenen Daten. Nur wenn es gelänge, die gewonnenen Daten umfassend auszuwerten und zu nutzen, könnten daraus unternehmerische Wertschöpfung und neue Geschäftsmodelle entstehen. Internet of Production – Tuning Data into Value, lautet auch das Motto des AWK.

Wie dies konkret aussieht, wurde den Teilnehmern des Presseforums beim anschließenden Rundgang durch die Maschinenhallen gezeigt. In der Mars Halle (Metrology, Assembly and Robotic Systems) des Lehrstuhls für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement von Prof. Robert Schmitt wird innerhalb verschiedener Prüfstände der produktionsintegrierte Einsatz intelligenter Sensorik demonstriert, darunter auch robotergestützte Handhabungs- und Montageprozesse. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf der Modellbildung, also der Digitalisierung der realen Welt und dem Aufbau eines digitalen Zwillings. Ein werkzeugmaschinennaher Forschungsschwerpunkt des Lehrstuhls liegt auf so genannten On Machine-Messungen, bei denen eine Werkzeugmaschine befähigt wird, dimensionelle Bauteilprüfungen rückgeführt durchzuführen. Durch Verlagerung der Bauteilprüfungen auf die Bearbeitungsmaschine könnten Qualitätsregelkreise erheblich verkürzt und Kosten eingespart werden.

Um anschauliche Beispiele aus dem Internet of Production ging es auch In der Demonstrationsfabrik Aachen (DFA) des Lehrstuhls für Produktionssystematik von Prof. Günther Schuh. Dazu gehören etwa kollaborative Roboter, eine industrielle 5G-Infrastruktur und unterschiedliche Track&Trace-Lösungen. Bei der DFA handelt es sich um eine eigenständige Gesellschaft für den Wissenstransfer zwischen Forschung und Industrie. Hier werden unter realen Produktionsbedingungen Produkte in Kleinserien produziert, aber auch Produkte und Technologien von Unternehmen erprobt.

Wissenstransfer hat hohen Stellenwert
Der Wissenstransfer zwischen Forschung und Industrie genießt am WZL einen hohen Stellenwert. Unabhängig von wissenschaftlichen Vorträgen, dem Expertenaustausch etwa über das AWK und den Demonstratoren in den Maschinenhallen, werden Fortbildungsveranstaltungen und seit neuestem auch Digitalisierungssprechstunden angeboten. Erstmalig zum Winter 2019 wurde am WZL ein Seminar „Digitalisierung und künstliche Intelligenz in der Fertigungstechnik“ ins Programm aufgenommen, das binnen kürzester Zeit ausgebucht war. Wie Seminarleiter Dr. Daniel Trauth erklärt, werden dort Antworten auf immer wiederkehrende Fragen gegeben, etwa wie Digitalisierung im eigenen Unternehmen aussehen könnte, wie sich neue oder bestehende Maschinen vernetzen lassen oder wie künstliche Intelligenz und Machine Learning zu nutzen sind. „Die zentrale Herausforderung ist es, dies alles in einem Seminar auf das Wesentliche zusammenzufassen“, sagt Trauth. Der Bedarf an Informationen sei immens.

 

 

Bild & Text: metav.de