Ausgabe zur EUROTIER • ENERGY DECENTRAL 2018
18 Ausg.Nr._24/2018 Digital Animal Farming »Digital Animal Farming hat das Zeug, um agrarpolitische Vorgaben auf deren Praxistauglichkeit zu überprüfen.« D ie weltweite Leitmesse für Tierhaltungs-Profis, die EuroTier 2018, geht mit dem Leitthema „Digital Ani- mal Farming – Management. Tiergesundheit. Transparenz.“ an den Start. Eine zunehmend digital vernetzte Welt eröffnet neue Möglichkeiten, um Produk- tivität und Tiergerechtheit so- wie Informations-Management und den nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen er- folgreich zu verbinden. Kluge Tierhalter wussten es schon immer: Viel Leistung aus dem Grundfutter rechnet sich. Die goldene Regel der Milchviehbe- triebe ist zur mittelbaren gesetz- lichen Forderung aufgestiegen. Die mit wenig Euphorie begrüßte Düngeverordnung treibt diese Entwicklung. Input und Output der Nährstoffe müssen in Balance sein. Wer viel aus dem Grundfutter holt, tut sich mit seiner verpflichtend ausgegli- chenen Nährstoffbilanz leichter. Genauer betrachtet ist die Dün- geverordnung nichts anderes als eine gesetzlich geregelte Kreis- laufwirtschaft. Über einzelne qualitative und mengenmäßige Aspekte lässt trefflich streiten. In der Praxis unbestritten ist, dass mit der neuen Regelung für ein- zelne Betriebe und ganze Regio- nen nun klar wird, welche Nähr- stoffströme tatsächlich fließen. Für die Dokumentation hat der Aktenordner in Profibetrieben ausgedient. Viel zu umständlich und erst recht nicht tauglich, um daraus eine Strategie zu entwi- ckeln. Digitale Instrumente ver- knüpfen einzelne Infostränge quasi zu einem Gewebe an Wis- sen, dessen Webfehler sich mit- tels digitaler Darstellung leicht erkennen lassen. So einfach die Diagnose, so schwierig gele- gentlich die Therapie. Die mit der staatlich verordneten Nachhaltig- keit angeordnete Kontrolle bringt zusätzlichen Druck. Der Begriff „Kreislaufwirtschaft“ macht klar, dass es nichts nutzt, nur an einem Punkt in den Abläu- fen etwas zu ändern, da ein Kreis nun mal rund ist und kein Anfang oder Ende hat. Weniger bildlich gesprochen: Digitale Kontrolle und Steuerung müssen direkt aufeinander abgestimmt sein. Konkretes Beispiel: Die Zu- sammensetzung der Gülle wird selbstverständlich im Labor ge- prüft, die Daten fließen online in das betriebliche Dokumenta- tions- und Steuerungssystem. Ein Gegencheck im Betrieb via Schnelltest muss ebenfalls sein. Signifikante Abweichungen gilt es sofort zu klären. Das ist nicht mehr mit Rechenstift und Papier, sondern nur noch mit „Digital Ani- mal Farming“ möglich. Der digitale vernetzte Tierhal- tungs-Betrieb geht schonender, sprich gezielter, mit den natürli- chen Ressourcen um. Das nutzt der Umwelt und spart Aufwand. Das ist Nachhaltigkeit, die sich rechnet. In der digitalen Kreislaufwirt- schaft können Betriebskennzah- len wie täglicher Zuwachs, Milch- leistung und Erträge im Futterbau mühelos einzeln ausgewertet werden, doch erst in deren Ver- netzung ergibt sich daraus öko- nomisch und ökologisch ein Sinn. Aufwand und Leistung im Stall, auf dem Acker und Grünland wer- den digital „gegengerechnet“. Insellösungen sind, wie stets in der Informationstechnologie, nur die zweitbeste Lösung, sowohl für vermeintlich maßgeschneiderte Systeme im Einzelbetrieb, wie in der mangelnden Vernetzung von Regionen. Wiederum ein kon- kretes Beispiel: Was hindert Be- triebe daran, sich miteinander im Ressourcenmanagement zu verbinden und gemeinsam den angestrebten Ertrag sowie den dazugehörigen Aufwand zu pla- nen und realisieren. Sicher nicht die technologischen Vorausset- zungen – die Systeme für Tierhal- tung und Außenwirtschaft sind praxisreif. Ganz nebenbei präpa- riert das digitale Know-how die Landwirte für Diskussionen über den Umwelteinfluss der Landwirt- schaft. Digital Animal Farming hat das Zeug, um agrarpolitische Vorga- ben auf deren Praxistauglichkeit zu überprüfen. Das Prinzip der Düngeverordnung ist nichts an- deres als die Umkehr der „Liebig- Tonne“. Hatte Justus von Liebig als Begründer der Agrarchemie im 19. Jahrhundert mit der nach ihm benannten Tonne das Mi- nimum-Prinzip erklärt, so geht es heute anders herum. Bei der „Liebig-Tonne“ begrenzt der im Mangel vorhandene Faktor, dar- gestellt durch die kürzeste Daube der Tonne, den Ertrag. Durch die Dünge-Verordnung wird das Limit anhand des im Überschuss vor- handenen Nährstoffes, vielfach Phosphat (P) und in der öffentli- chen Wahrnehmung meist Stick- stoff (N), limitiert. Die pragmatischen Autoren des DLG-Merkblattes zur Düngever- ordnung stellen klar: „Phosphat reiche Kraftmittel beeinflussen direkt die P-Bilanz des Betriebes vor allem in der Schweine- und Geflügelhaltung. Zwar ist Raps- Extraktionsschrot als einheimi- sches, GVO-freies Futter sehr erwünscht, jedoch ist bezogen auf die Proteinzufuhr der P-Input deutlich höher als beim Soja- schrot. Rationen sollten daher auf die Betriebsverhältnisse an- gepasst werden. Phosphor ist in vielen, vor allem futterbauenden Betrieben mit hohem Grünland- anteil der limitierende Nährstoff. Daraus lässt sich ableiten: Wenn Phosphat ein Problem ist, muss über die Quelle, Raps oder Soja, neu nachgedacht werden. Die DLG, Veranstalter der Euro- Tier, informiert gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft, Wissen- schaft und Beratung im Rahmen eines Specials auf der EuroTier 2018 über die Bedeutung der Digitalisierung für die moderne Nutztierhaltung. Dabei geht es Tierarten übergreifend um Fragen der Digitalisierung von Produk- tionsprozessen im Stall und auf dem Betrieb. Text & Bild: DLG Service GmbH Eschborner Landstraße 122 D-60489 Frankfurt am Main Die Liebig-Tonne neu gedacht
RkJQdWJsaXNoZXIy NzYxOTg=