Ausgabe zur BAU 2019

Lebensräume Ausg.Nr._01/2019 19 prototypisch umgesetzt werden. Erste Ergebnisse dazu sind auf der Messe am Stand der Fraun- hofer-Allianz Bau zu sehen. Neue Nachhaltigkeit: Materialien, Recycling und Energieeffizienz Ein effektiver Klimaschutz erfor- dert nicht nur energieeffiziente, emissionsarme Lösungen für die Gebäudenutzung, sondern auch ressourcenschonende Bauweisen sowie die Verwendung nachhalti- ger Baustoffe. So ersetzen die Forscher der Fraunhofer-Allianz Bau beispiels- weise die Carbon- und Glasfa- sergewebe in Textilbeton durch umweltfreundliche Naturfasern. Damit kann die CO2-Bilanz des Betons bei gleicher Performance verbessert und die Herstellungs- kosten können reduziert werden. Der Prototyp einer naturfaserver- stärkten Betonbrücke wird auf der Sonderschau zu sehen sein. Eine weitere, immer wichtiger werdende Möglichkeit zur Ein- sparung endlicher Ressourcen stellt das Recycling von Baustof- fen dar. Jährlich werden weltweit rund 600 Millionen Tonnen mi- neralische Baurohstoffe einge- setzt. Der Großteil davon wird über Primärrohstoffe abgedeckt, während lediglich fünf Prozent des Bauschutts für Bauanwen- dungen recycelt und in die Bau- wirtschaft zurückgeführt werden. Das Fraunhofer-Verbundprojekt »BauCycle« hat es sich zum Ziel gesetzt, die Sortierung und Aufbereitung von anfallenden Abbruchmaterialien und ihre Rückführung in den Baukreislauf in einem effektiven Verfahren zu etablieren. Dadurch soll ein nachhaltigeres Bauen ermög- licht und der Verknappung von Deponierraum entgegengewirkt werden. Das neu entwickelte optische Sortierverfahren für Feinfraktionen (< 2mm), sowie Baustoffe aus den Rezyklaten werden im Rahmen der Sonder- schau der Öffentlichkeit vorge- stellt. Smart Living: Nutzergerechtes Wohnen Ziel smarter Gebäude sollte es sein, den Bewohnern einen ange- nehmen, sicheren und gesunden Lebensraum zu bieten – das ist umso wichtiger, als der moderne Mensch bis zu 90 Prozent seiner Lebenszeit in umschlossenen Räumen verbringt. Smart Living steht daher vor al- lem für technische Verfahren und Systeme, die nutzerorientiert die Wohn-, Arbeits- und Lebensquali- tät in Räumen sowie das Energie- management und die Energieeffi- zienz des Gebäudes verbessern. Dies geschieht beispielsweise mit Hilfe digitaler, vernetzter und fernsteuerbarer Geräte und Installationen, aber auch durch automatisierte Abläufe und bau- werksintegrierte Komponenten. Im Rahmen des vom Bundesmi- nisterium für Wirtschaft und Ener- gie (BMWi) geförderten Projekts »ArKol« wurde von der Fraunho- fer Bauforschung beispielsweise eine solarthermische Jalousie für transparente Flächen entwickelt. Diese nutzt die hohen Tempera- turen, die zwischen Glasscheiben entstehen, indem sie die Wärme über in den Lamellen verbaute Heat-Pipes dem Warmwasser- speicher des Gebäudes zuführt. Das reduziert sowohl die Tempe- ratur der raumseitigen Oberflä- che als auch den Kühlbedarf des Gebäudes. Damit sorgt die solar- thermische Jalousie nicht nur für einen guten Blendschutz und ein angenehmes Raumklima, son- dern verringert gleichzeitig den Energiebedarf des Gebäudes. Gleichfalls solarthermisch funkti- oniert der »STARK-Luftkollektor«, der zur Klimatisierung von Räum- lichkeiten eingesetzt werden soll. Angestrebt wird dabei eine Ener- gieeinsparung von Strom von ca. 50 Prozent gegenüber den Vor- aussetzungen für die Energieeffi- zienzklasse A. Vernetzte Stadt und resiliente Quartiere Schon heute leben die Hälfte aller Menschen in Städten und 2050, so prognostizieren es die Ver- einten Nationen, werden fast 70 Prozent der Weltbevölkerung im urbanisierten Lebensraum ange- siedelt sein. Um der steigenden Bewohnerdichte und den daraus resultierenden Problemen eben- so begegnen zu können wie der zunehmenden Bedrohung durch Extremwetterereignisse und Kli- makatastrophen, müssen die Quartiere entsprechend gerüstet und geschützt werden. Soge- nannte »resiliente Quartiere« ha- ben die Fähigkeit die Folgen von Bedrohungen zu kompensieren. Dabei spielt die Gestaltung der urbanen Oberflächen eine maß- gebliche Rolle. Sie beeinflus- sen zum Beispiel, ob Strahlung reflektiert oder absorbiert wird und sich so eine kühlende oder aufheizende Situation in der Stadt entwickelt. Im Verbund mit Forschungsinstituten und Un- ternehmen, mit Kommunen und Behörden erforschen die Wissen- schaftler die »Bauphysik urbaner Oberflächen«. Dazu werden die Aspekte und Akteure zusammen- geführt, aktuelle und fachüber- greifende Informationen bereit- gestellt sowie Erkenntnisse und neue Technologien entwickelt. Sie umfassen urbane Materialen, Oberflächen und integrale Stadt- bauteile, Planungswerkzeuge und Bewertungsmethoden sowie den Tauglichkeitsnachweis und die Demonstration innovativer Lösungen. Aber auch Extremeinwirkungen und Gebäudereaktionen, bei- spielsweise bei Explosionen oder Erdbeben werden inner- halb der Fraunhofer-Allianz un- tersucht. Auf der Sonderschau wird es dazu unter anderem ein Stadtmodell geben, an dem Extremeinwirkungen simuliert werden. Damit verbunden ist ein speziell entwickeltes Enginee- ring Tool zur Risikoerkennung und Optimierung des Schutzpo- tenzials.  Text & Bild: Fraunhofer-Allianz BAU Fraunhoferstr. 10 D-83626 Valley Rendering eines Gebäude-Panoramas mit den Entwicklungen aus dem ArKol-Projekt: solarthermische Jalousie (links) und Streifenkollektor (rechts). © IBK2

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