Ausgabe zur BAU 2019
8 Ausg.Nr._01/2019 Prototyp T extilbeton ist der Bau- stoff der Zukunft. Er hat eine hohe Lebensdauer, ermöglicht vielseitige Geome- trien und leichte Konstruktio- nen. Anstatt mit Stahl ist er mit Carbon- oder Glasfasergewebe verstärkt. Ein Forscherteam des Fraunhofer-Instituts für Holzfor- schung, Wilhelm-Klauditz-Insti- tut WKI ersetzt diese Gewebe jetzt durch umweltfreundliche Naturfasern. Damit kann die CO₂-Bilanz des Betons bei glei- cher Performance verbessert und die Herstellungskosten können reduziert werden. Vom 14. bis 19. Januar 2019 präsen- tieren die Forscherinnen und Forscher den Prototyp einer na- turfaserverstärkten Betonbrüc- ke auf der Messe BAU 2019 in München. Das Geheimnis des Materials: Ein Hochleistungsbeton, der an- statt durch Stahl, mit Carbon-, Glasfaser- oder Kunststoffgewe- ben verstärkt ist. Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer WKI in Braunschweig wollen diese Fasern durch ein Textil erset- zen, das auf nachwachsenden Rohstoffen basiert und so zum Umwelt- und Klimaschutz bei- tragen. Dabei setzen sie auf ein- heimische Produkte, konkret auf Flachs, der sich im Spinn- oder Webverfahren weiterverarbeiten lässt. Je nach Bauteilanforde- rung ergänzen die Forscher den Flachs durch einzelne Stränge aus Polymerfaser und kreieren so ein Mixgewebe. Gewebt wird der Materialmix von den For- scherinnen und Forschern des Anwendungszentrums für Holz- faserforschung HOFZET ® des Fraunhofer WKI. Mit Hilfe einer Doppelgreifer-Webmaschine mit Jaquardaufsatz, die in Euro- pa einzigartig ist, sind die Ex- perten in der Lage, innovative Leichtbau-Verbundmaterialien mit komplexen, anwendungsspe- zifischen Gewebestrukturen und integrierten Funktionen herzu- stellen. Die Maschine ermöglicht es, herkömmliche und nachhal- tige Materialien wirtschaftlich effizient und technisch komplex zu kombinieren. Damit es nicht verwittert, kommt ein Hochleis- tungsbeton zum Einsatz, dessen Gefügedichtheit die Fasern prak- tisch vollständig vor schädlichen Einflüssen schützt. Zudem wird das gewebte Textil mit natürli- chen Harzen modifiziert. Resistent gegen schädliche Umwelteinflüsse Das Flachstextil wird lagenwei- se in das jeweilige Bauteil ein- gebracht. Da die Steifigkeit des Textils einstellbar ist, lässt es sich in die gewünschte Form legen. Denkbar sind etwa ge- krümmte Formen wie Kuppeln oder gerundete Wandelemente. Anschließend wird der flüssige Beton auf das Textil gegossen. Der Beton ist eine Eigenentwick- lung des Zentrums für leichte und umweltgerechte Bauten, kurz ZELUBA ® , im Fraunhofer WKI. Bei der Entwicklung wurde besonde- res Augenmerk darauf gerichtet, nur geringe Mengen an Primärroh- stoffen zu verwenden, um ökologi- sche Nachhaltigkeit zu erreichen. Der Materialmix besteht aus einer sehr feinen Gesteinskörnung, Wasser, Betonzusatzstoffen sowie Betonzusatzmitteln sowie aus der Textilbewehrung aus Flachs. »Der Textilbeton aus Flachs ist höher- wertiger als der in Stahlbetonbrü- cken verbaute Beton. Die Matrix, also das Gefüge, ist so dicht, dass schädliche Substanzen nicht in denBaukörper eindringen können. Somit ergibt sich eine deutlich höhere Lebensdauer von mehre- ren Jahrzehnten«, sagt Jan Binde, Wissenschaftler im ZELUBA ® . Verbundwerkstoff mit hoher Lebensdauer Die Kombination aus Flachs und Beton erwies sich in Tests als idealer Verbundwerkstoff, die Ergebnisse hinsichtlich Dauer- haftigkeit und Tragfähigkeit des neuartigen, umweltschonenden Textilbetons sind positiv. »Die Naturfaser verzahnt sich sehr gut mit dem Baustoff, was auch daran liegt, dass wir steuern können, wie sich das Gewebe im Beton verankert. Die spezifische Oberfläche des Textils lässt sich einstellen«, so der Forscher. Der Textilbeton aus nachwach- senden Rohstoffen ermöglicht leichte, schlanke Brückenkons- truktionen, die auch von Kraft- fahrzeugen überquert werden können. »Eine Stahlbetonbrü- cke mit einer Spannweite von 15 Metern wäre etwa 35 bis 40 Zen- timeter dick, das Pendant aus Flachs hingegen würde mit zwölf bis 16 Zentimeter deutlich fla- cher ausfallen. Die Materialein- sparung ist beträchtlich. Geringe Schichtdicken sind möglich«, so Binde. Der innovative Baustoff wird permanent optimiert, eine bauaufsichtliche Zulassung steht noch aus. Auf der Messe BAU vom 14. bis 19. Januar 2019 in München zei- gen der Wissenschaftler und seine Kolleginnen und Kollegen den Prototyp einer flachsfaser- gestützten Brücke ohne Stütze mit einem Querschnitt von fünf Zentimetern, die auf Widerlagern auf Holz aufliegt (Fraunhofer- Gemeinschaftsstand, Halle C2, Stand 528). Text & Bild: Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. Hansastraße 27 c D-80686 München Messe BAU 2019: Naturfasergestützte Betonbrücke Bauen mit Textilbeton aus nachwachsenden Rohstoffen Flachs/Carbon-Hybridgewebe in Köperbindung © Jana Winkelmann Flachsgewebe in Leinwandbindung © Jana Winkelmann
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