Ausgabe zur A+A 2019
Ausg.Nr._18/2019 27 „Digitalisierung und Agilität müssen den Menschen in den Mittelpunkt stellen!“ Frau Bergau, die Arbeitswelt wird zunehmend agiler und digitaler. Gleichzeitig nehmen Stress und psychische Belastungen bei der Arbeit zu und sind in den letzten Jahren ein häufiger Grund für krankheitsbedingte Fehl- tage geworden. Wie kommt es dazu? Wir leben in einer Welt, in der die Menge an Informationen exponentiell ansteigt und in der sich Kommunikation permanent be- schleunigt. Davon sind alle Lebensbereiche, aber insbesondere die Berufswelt betroffen. Ständige Erreichbarkeit, Arbeitsverdichtung und Wandel in immer kürzeren Zyklen sind nur einige Herausforderungen der zunehmend agilen und digitalen Arbeitswelt. Eine Studie des EO Instituts zeigt, dass über 60 % der be- fragten Beschäftigten eine Informationsflut am Arbeitsplatz erleben und fast 50 % stän- dig unter Zeitdruck arbeiten. Unabhängig von der Frage nach Ursachen ist eines Fakt: Eine zunehmende Zahl von Beschäftigten leidet unter psychischen Belastungen und empfin- det Stress. Die Ursachen sind vielfältig, die Auswirkungen eindeutig: Anhaltende psychi- sche Belastungen gehen auf die Gesundheit. Deshalb ist im Arbeitsschutzgesetz seit 2013 die Beurteilung psychischer Belastungen im Rahmen betrieblicher Gefährdungsbeurtei- lungen explizit verankert. Sind psychische Belastungen das Gleiche wie Stress? Psychische Belastungen sind äußere Ein- flüsse, die auf den Menschen ungünstig einwirken, z.B. häufige Unterbrechungen. Langfristig können sie sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Stress ist die individu- elle Reaktion auf diese Belastungen. Dazu ein Vergleich mit körperlichen Belastungen: Eine vollbeladene Schubkarre beansprucht einen großen, kräftigen Menschen kaum. Die glei- che Last kann bei einem zierlichen Menschen aber eine hohe Beanspruchung darstellen. In einer agilen Arbeitswelt ist es daher wichtig, die Beschäftigten in den Mittelpunkt zu stel- len und beim Aufbau individueller Ressour- cen zu unterstützen: Existieren neben den Belastungen auch Faktoren, die als Ausgleich wirken, wird die Wirkung von Belastungen gemildert. Beispiel: Ein hoher Grad an Verant- wortung ist bei guter Rückendeckung durch die Vorgesetzten besser zu ertragen, ebenso, wenn die Kollegenbeziehungen stimmen. Er- folgreiche Unternehmen fördern solche Res- sourcen. Was sollten Unternehmen also tun? Unternehmen sollten der gesetzlichen Ver- pflichtung zur Durchführung einer Gefähr- dungsbeurteilung psychischer Belastungen nachkommen. Denn die Ergebnisse einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belas- tungen zeigen Stärken und Schwächen der betrieblichen Strukturen und Prozesse auf: Negative Einflussfaktoren auf Engagement, Motivation und Gesundheit der Beschäftigten werden erkannt und reduziert. Dies wirkt sich positiv auf Engagement, Produktivität und Ent- wicklungsbereitschaft der Beschäftigten aus. Digitalisierung oder die Einführung agiler Ar- beitsmethoden werden so auf ein solides Fun- dament gestellt. Aber warum führen bislang nur so wenige Unternehmen die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen durch? Weil das Thema auch sechs Jahre nach der gesetzlichen Verankerung in vielen Unterneh- men noch immer nicht verankert ist. Prozesse und Verantwortlichkeiten sind nicht festge- legt. Werden Personen intern mit dem Thema betraut, befassen sie sich oft ‚nebenher’ damit und sind zeitlich überlastet. Oft fehlen Kennt- nisse zum Vorgehen. Nicht selten überfordert das Thema auch. Unter Umständen bringt es die Auseinandersetzung mit Themen wie Konflikten oder unangemessenem Führungs- verhalten mit sich. Daher sollten sich Unter- nehmen externe Unterstützung von Psycho- loginnen und Psychologen holen. Sie bringen die methodischen Kenntnisse und das erfor- derliche Fachwissen mit. Und wie genau läuft eine Gefährdungsbeur- teilung psychischer Belastungen ab? Dazu können verschiedene Methoden zum Einsatz kommen: Fragebögen, Analysework- shops und Interviews. Wir raten dazu, zwei Me- thoden zu kombinieren. Während eine Befra- gung ein quantifizierbares Bild liefert, helfen Workshops und Interviews dabei, Ursachen zu analysieren und konkrete Maßnahmen zu ent- wickeln.Wichtigfür dieAuswahl der Instrumen- te: Manch ein Fragebogen wurde ursprünglich zu wissenschaftlichen Zwecken entwickelt, ist aber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nur bedingt geeignet. Die Durchführung ist dann sehr aufwändig oder Themen werden erfasst, die für die Gefährdungsanalyse nicht unmittelbar relevant sind. Das EO Institut hat mit dem Gefährdungsbarometer ® ein kurzes und leicht verständliches Instrument entwi- ckelt. Es entspricht den Vorgaben der GDA (Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstra- tegie) und lässt sich auch praxistauglich mit einer allgemeinen Beschäftigtenbefragung kombinieren. So können Gefährdungsbeur- teilung und Organisationsentwicklung inte- griert angegangen und das Unternehmen fit für die agile und digitale Arbeitswelt gemacht werden. Viele große und mittelständische Un- ternehmen haben sich daher für das Gefähr- dungsbarometer ® entschieden. Weitere Informationen unter www.Gefaehr- dungsbarometer.de oder www.EO-Institut.de. Theresa Bergau ist Arbeitspsychologin am EO Institut (Stand H22-2, Halle 10) und hält am Dienstag, den 05. November2019um13:20 auf der Aktionsbühne Trend Forum Health & Workplace Design (Halle 10 / Stand E32) einen Vortrag zum Thema „Die Sifa als Change Manager – Neue Rolle mit Hürden und Herausforderungen“ . Halle 10 Stand H22-2 Gefährdungsanalyse
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