Ausgabe zur MEDICA 2019

28 Ausg.Nr._22/2019 Digitalisierungsprojekte W ie können Präparate digitalisiertunddamit zugänglich gemacht werden für den Einsatz Künstli- cher Intelligenz? Und lassen sich Arbeitsprozesse der Pathologie künftig sogar von Heimarbeits- plätzen aus realisieren? Zumin- dest die erste Frage findet zwar noch nicht durch gelebte Realität Beantwortung, rein technisch be- trachtet scheint sie aber gelöst: „Digitalisierung der Pathologie – vollumfänglicher, elektronischer Workflow mit allen fallrelevanten histologischen Objektträgern zur digitalen und damit ortsunab- hängigen Befundung“ lautet je- denfalls der Name eines der fünf „Schlüsselprojekte“, die beim diesjährigen Projektzyklus der Digitalisierungsinitiative ENT- SCHEIDERFABRIK behandelt und im Rahmen der weltführenden Medizinmesse MEDICA in Düssel- dorf imNovember vorgestellt wer- den. Den großen Gemeinschafts- stand der ENTSCHEIDERFABRIK finden die MEDICA-Besucher in Halle 13 (Stand E 80). Dass sich die ENTSCHEIDERFABRIK auch der Pathologie widmet, hängt mit den Potenzialen zusam- men, die sich aus der Digitalisie- rung für diesen Bereich ergeben. Der Alltag von Pathologen besteht aus der mikroskopischen Beurtei- lung von Gewebe sowie vielfach auch hochmoderner molekula- rer Krebsdiagnostik. Obwohl der Fachbereich in den letzten Jahren durch Highend-Technologien wie `Next-Generation-Sequencing´ und weitere molekulare Analy- sen seinen Stellenwert als Weg- weiser moderner Krebstherapie beweisen konnte, so bleibt dies zumindest in Deutschland eine Disziplin mit geringem Digitalisie- rungsgrad. „Die neuartigen The- rapieoptionen – wie die Immun- therapie – die sich gerade in der Therapie fortgeschrittener Krebs- erkrankungen entwickelt haben, formulieren eine Notwendigkeit, die moderne Pathologie in der Di- agnostik zu erweitern. Verfahren der Künstlichen Intelligenz, die hierfür in Frage kommen, setzen voraus, dass die Schnittpräparate digital vorliegen“, erklärt Profes- sor Reinhard Büttner, Leiter des Instituts für Pathologie am Univer- sitätsklinikum Köln. Objekträger am Fließband scannen Die Firmen Sectra und Hamamatsu Photonics wollen kooperativ mit dem Universitätsklinikum Köln und der Technischen Universität München das Thema Digitalisie- rung der Pathologie angehen. Denn bislang kommen hier Mikro- skope und nahezu ausschließlich analoge Objektträger für die Aus- wertung der Gewebeproben zur Anwendung. Dabei ist es bereits jetzt möglich, im Labor hergestell- te Objektträger mit Hilfe eines Slide-Scanners zu digitalisieren. Der moderne Spezial-Scanner von Hamamatsu benötigt etwa rund dreißig Sekunden pro Objekt- träger. Die dabei entstehenden Datenmengen sind jedoch volu- menträchtig: Die Bilder nehmen immerhin drei Gigabyte pro Ob- jektträger im DICOM-Format in An- spruch. Das macht es notwendig, auch die Herausforderung der Übermittlung dieser großen Da- tenmengen praktikabel zu lösen. Ähnlich anderen bildgebenden Verfahren werden die digitalen Bilder der Objektträger auf Basis eines „Pathologie-PACS“ (PACS = Picture Archiving & Communi- cation System) in einem digitalen Bildmanagementsystem gespei- chert, dargestellt und verteilt. Aus dem IT-Verwaltungssystem der Pathologie bzw. des Labors wer- den die Bilder des zu befundenen Falls auf Anforderung des Arztes automatisch geöffnet. Der Arzt führt die Befundung am Monitor durch und er diktiert den Befund in seinem IT-System. Weltweit gibt es zwar auch erste Installationen, in denen es gelun- gen ist, den kompletten Workflow in der Pathologie durch digitale Systeme abzubilden. In Deutsch- land findet die Einführung der neuen technischen Möglichkeiten für die klinische Routine jedoch nur zögerlich statt. Dabei bietet die Digitalisierung klare Vorteile. Im Universitätsklinikum Köln soll die Digitalisierung der Objektträ- ger genutzt werden, um die Daten auswertbar und zugänglich für den Einsatz Künstlicher Intelli- genz zu machen. Dies soll helfen, die Diagnosesicherheit weiter zu erhöhen. Zudem können digitali- sierte Bilder besser in Konferen- zen und im Lehrbereich verwendet werden. Die neuen Optionen sind vielfältig. Die Digitalisierung er- möglicht verteilte Workflows mit flexibler Personalplanung sowie eine ortsunabhängige Befundung insbesondere bei Schnellschnit- ten ohne Transport durch Taxis. Letztendlich könnte die Digitali- sierung der Pathologie der Ein- richtung von Heimarbeitsplätzen und der Versorgung entfernter Standorte dienen. Ein Datenflickenteppich und die Prüfung durch den MDK… Zweifelsohne sollte in die Digita- lisierung das gesamte Klinikum einbezogen werden. Aktuelle Ge- setze, Verordnungen und Richtli- nien stellen große Anforderungen und Aufgaben – zum Beispiel an das Entlass- sowie Prozessma- nagement. Klinische Daten und Dokumente können zudem dann lebensverlängernd für viele Pa- tienten sein, wenn sie als Basis für Prozesseffizienz, Kommuni- kation und mehrwertspendende Wissensgenerierung vollständig elektronisch verfügbar sind. Denn bislang wird die Papierakte in vie- len deutschen Kliniken erst zeit- lich weit nach der Entlassung des Patienten gescannt und im KIS (Krankenhausinformationssys- tem) elektronisch zur Verfügung gestellt. Die Bilddokumentation (DICOM-Objekte) liegen in der Regel im PACS vor. Statt dieses Datenflickenteppichs wären zen- tral zusammengeführte Daten dann von enormen Vorteil, etwa im Hinblick auf Informationen für den Entlassbrief eines Patienten, die DRG-Eingruppierung (Diagnosis Related Groups) zur Abrechnung oder eben eine Anfrage des MDK. Auslagerung von Daten als Option Die DMI ist als Dienstleister für Ar- chivierung beteiligt am Digitalisie- rungsprojekt Archivar 4.0. Sie hat sich einer Herkulesaufgabe ver- schrieben: der nutzerfreundlichen Archivierung von Klinikdaten, ge- sichert über Jahrzehnte und unter Berücksichtigung vorhandener Gesetze und Regelungen im Sin- ne vollständigen Datenschutzes und Datensicherheit. Für Kliniken könnte sich daraus eine lohnens- werte Option ergeben. Dreißig Jah- re müssen Daten revisionssicher gespeichert werden. Ein Kranken- haus könnte etwa für einen Fünf- jahreszeitraum Datenspeicherung mit der hauseigenen IT umsetzen, um die älteren Daten dann mit Hil- fe der DMI elektronisch einsehen zu können. Bei DMI werden die Da- ten IHE-konform (IHE = Integrating the Healthcare Enterprise) gespei- chert. Dieser globale Standard ist im Gesundheitswesen weitver- breitet und stellt eine Initiative von Anwendern und Herstellern mit dem Ziel dar, den Datenaus- tausch zwischen IT-Systemen im Gesundheitswesen zu standardi- sieren und zu harmonisieren. 75 Organisationen – zum Beispiel die Deutsche Röntgengesellschaft, der Bundesverband Gesundheits- IT und der Zentralverband Elekt- rotechnik- und Elektronikindustrie – gehören dem namensgebenden `Integrating the Healthcare Enter- prise´ allein in Deutschland an. Die Daten werden bei DMI ver- schlüsselt gespeichert, so dass das Unternehmen diese selbst nicht lesen kann. Spannende Digitalisierungsprojekte der ENTSCHEIDERFABRIK

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