Ausgabe zur LOGIMAT 2020
21 Ausg.Nr._02/2020 Ausblick Chancen aus dem Brexit nutzen • Einschätzungen von Robert Blackburn, Vorstandsvorsitzender der BVL W enn Großbritannien die EU verlässt, be- ginnt die heiße Phase des Brexits. Bis zum Ende des Jahres 2020 wollen sich beide Seiten dann auf ein Handels- abkommen verständigt haben. Der BVL-Vorstandsvorsitzende Robert Blackburn gibt einen Ausblick darauf, was das für die Logistik bedeutet. Herr Blackburn, ist die Logistik bereit für den Brexit? Ja, denn wir haben die vergan- genen Jahre genutzt, um uns bestmöglich darauf vorzuberei- ten. Probleme bleiben dennoch, vor allem weiß bis zum heutigen Tage niemand, wie die Briten den Brexit im Detail und in der Praxis ausgestalten werden. Die meis- ten Unternehmen sind von der höchsten Eskalationsstufe aus- gegangen: einem No-Deal-Brexit. Entsprechend haben sie bereits ihre Güterströme überall dort, wo es möglich war, verlagert oder ihre Läger für eine Übergangszeit entsprechend bevorratet. Der französische und der britische Zoll haben im vergangenen Jahr zudem getestet, wie sich der Lkw-Verkehr auf beiden Seiten des Eurotunnels im Falle einer Zollabfertigung verhalten würde. Das Ergebnis: Wenn Frachttrans- porte, die im Vorfeld angemeldet werden, mit einem entsprechen- den Barcode versehen die Gren- ze passieren, können sie schnell geprüft werden und der Lkw-Ver- kehr bleibt im Fluss. Doch ganz gleich, wie effizient die Zollbehör- den auch arbeiten werden – die Grenze zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich wird eine Bruchstelle im ansonsten freien Warenverkehr darstellen und wird für beide Seiten – Briten und EU- Länder – Nachteile bringen. Sind mit dem Austritt Großbri- tanniens aus der EU möglicher- weise auch Chancen verbunden? Durchaus. Denn gerade der schwebende Brexit hat dazu ge- führt, dass Unternehmen dies- seits und jenseits des Ärmel- kanals ihre etablierten Supply Chains genau analysiert haben. Und damit ist stets die Chance verbunden, Abläufe nicht nur anzupassen, sondern auch zu optimieren. Für viele Unterneh- men war der Brexit außerdem ein wichtiger Treiber der digitalen Transformation ihrer Prozesse, und die positiven Auswirkungen dieser Entwicklung werden noch weit über den Austritt Großbritan- niens aus der EU hinaus spürbar sein. Zudem wird beispielsweise derzeit auf EU-Ebene diskutiert, neue Fährverbindungen zwischen Irland und dem europäischen Festland einzurichten, um den Zwischenstopp über England zu vermeiden. Die Wirtschaftswege werden sich künftig verändern und beispielsweise europäische Häfen statt – wie bislang – die englischen verstärkt zur ersten Anlaufstelle für Überseetranspor- te werden. Kurz: Der Markt wird sich auch diesen veränderten Gegebenheiten anpassen. Die Lo- gistikspezialisten aus Industrie, Handel und Dienstleistung sind bestrebt, das Beste aus der Situ- ation zu machen. Aber wir werden wohl erst am Ende des Jahrzehnts abschätzen können, welche Aus- wirkungen uns der Brexit wirklich beschert hat. Was sind Ihrer Meinung nach die nächsten Herausforderungen auf internationaler Ebene für die Logistik? Vor allem Handelskonflikte, daraus resultierende protek- tionistische Maßnahmen und dirigistische Eingriffe von Staa- ten in wirtschaftliches Handeln werden uns in diesem Jahr zehnt beschäftigen. Es ist eine parado- xe Mischung aus weitreichenden Freihandelsabkommen auf der einen Seite und parallel erhobe- nen Zöllen auf der anderen, die in einem krassen Widerspruch zu funktionierenden globalen Supply Chains stehen, auf die wir unsere Wirtschaft heute ganz ausgerich- tet haben. Die sich ändernden Rahmenbedingungen können zu einer belasteten Stimmung auf Unternehmerseite führen. Zurück- haltende Investitionen wären eine mögliche Folge. Doch es gibt auch genügend Lichtblicke: Der Arbeits- markt erweist sich noch als ver- gleichsweise robust und die konti- nuierliche Suche nach Fachkräften zeigt, dass Unternehmen weiter- hin in Personal investieren wollen. Zudem dürften die in Verbindung mit den Klimaschutzzielen nöti- gen Investitionen der Wirtschaft Auftrieb geben. Nicht die größte Herausforderung, aber die wich- tigste Aufgabe der Logistik ist es darum, weiterhin mutig und ide- enreich ihr Geschäft zu gestalten. Und was das angeht, bin ich sehr zuversichtlich. Text & Bild: Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V. Schlachte 31 D-28195 Bremen Robert Blackburn BVL, Fotocredit: BVL LAGERRÄUMUNG ABVERKAUF Kurze Kennzeichen werden knapp! Abverkauf für 10 € gestartet! www.carframe.de
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