IAA Nutzfahrzeuge 2018: Mattes: Digitalisierung, Vernetzung und automatisiertes Fahren prägen die 67. IAA Nutzfahrzeuge

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24.07.2018

Mattes: Digitalisierung, Vernetzung und automatisiertes Fahren prägen die 67. IAA Nutzfahrzeuge

Internationaler Presseworkshop mit über 120 Journalisten in Frankfurt am Main – Vernetzung steigert Verkehrssicherheit und Effizienz – Emissionsfreie Fahrzeuge vor allem in Städten – Nutzfahrzeugmärkte in guter Verfassung – Sorge um überzogene CO2-Regulierung

Digitalisierung, Vernetzung, automatisiertes Fahren und alternative Antriebe sind die Innovationstreiber beim Nutzfahrzeug. Deshalb stehen diese Themen im Mittelpunkt der 67. IAA Nutzfahrzeuge, die im September 2018 in Hannover stattfindet und vom Verband der Automobilindustrie (VDA) veranstaltet wird. Auf dem Internationalen Presseworkshop, der im Vorfeld der weltweit wichtigsten Leitmesse für Transport, Logistik und Mobilität heute in Frankfurt am Main mit zahlreichen hochrangigen Vertretern der Nutzfahrzeugindustrie und mehr als 120 internationalen Journalisten durchgeführt wurde, betonte VDA-Präsident Bernhard Mattes: „Digitalisierung im Verkehr eröffnet ganz neue Möglichkeiten, Mobilität in städtischen Ballungsräumen und darüber hinaus flüssiger und effizienter zu gestalten. Das senkt die Emissionen. Vor allem bringen Digitalisierung, Vernetzung und automatisiertes Fahren einen Quantensprung bei der Verkehrssicherheit.“

Zudem könne Digitalisierung einen Beitrag leisten, verschiedene Verkehrsträger in Transport- und Logistikketten noch besser zu vernetzen: „Das ist notwendig, wir brauchen das Zusammenwirken aller Verkehrsträger angesichts eines steigenden Güterverkehrs.“ Der VDA-Präsident wies auf die Vorteile der Digitalisierung am Beispiel Platooning hin: „Die Truck Platooning Challenge hat die technische Machbarkeit unter Beweis gestellt, jetzt wird Platooning im realen Logistikbetrieb getestet. Wir sehen, dass damit Spritverbrauch und CO2-Ausstoß um bis zu 10 Prozent gesenkt werden können. Der nächste Schritt ist jetzt der Einsatz gemischter Platoons mit Lkw verschiedener Hersteller. Dadurch wird die Alltagstauglichkeit des Ansatzes sichergestellt.“

Mattes betonte: „Zentrale Voraussetzung für die Digitalisierung ist die entsprechende Infrastruktur. Innovative Mobilitätsangebote sind nur möglich, wenn es eine Versorgung mit neuester Mobilfunktechnologie an Bundesfernstraßen und im nachgeordneten Straßennetz gibt.“

Die Elektromobilität sei ebenfalls prägend für die IAA, betonte Mattes. Bei Transportern und Stadtbussen sowie im Verteilverkehr mit batterie-elektrischen Fahrzeugen bis zu 26t gebe es hierfür viele Einsatzmöglichkeiten. Die IAA werde den Besuchern daher auch Gelegenheit geben, Elektromobilität auf einer Teststrecke selbst zu erfahren.

Allerdings dürften die Chancen nicht übersehen werden, die etwa Erdgas für besonders umweltfreundliche Verkehre biete, gerade in Ballungsräumen. Und Mattes fügte hinzu: „E-Fuels aus erneuerbarem Strom eröffnen auch für Lkw die Perspektive eines völlig CO2-neutralen Einsatzes. Außerdem wirken sie nicht nur auf neu zugelassene Fahrzeuge, sondern auf den gesamten Bestand. Das bringt erhebliche CO2-Reduktionen.“

Der VDA-Präsident unterstrich „Wir stehen vor wichtigen politischen Weichenstellungen in der Klimaschutzpolitik. Die Nutzfahrzeugindustrie will dazu ihren Beitrag leisten. Doch die Hersteller können diese Herausforderungen nicht allein meistern. Notwendig ist ein integrierter Ansatz, der Fahrzeugherstellung und -nutzung, Kraftstoffe und Infrastruktur gleichermaßen erfasst.“

Es seien, so Mattes, bereits erhebliche Fortschritte bei der Reduzierung von Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß erzielt worden: „Seit dem Jahr 2000 sind die CO2-Emissionen des Straßengüterverkehrs in Deutschland – trotz Verkehrswachstums – um 8 Prozent zurückgegangen, die Emissionen pro Tonnenkilometer sogar um 35 Prozent.“

Der Kraftstoffverbrauch mache gut ein Viertel der gesamten Kosten für den Einsatz eines Fernverkehrs-Lkw aus. Anders als bei Pkw sei der Markt für Nutzfahrzeuge allein effizienzgetrieben. „Niedriger Verbrauch ist daher ein wichtiger Wettbewerbsvorteil am Markt. Deshalb ist es richtig, dass die EU-Kommission in enger Kooperation mit der Nutzfahrzeugindustrie bestrebt ist, die Markttransparenz an dieser Stelle noch weiter zu verbessern. Das Simulationstool VECTO, das ‚offizielle‘, vergleichbare Werte für Verbrauch und CO2-Ausstoß generiert, ist hierfür ein geeignetes Instrument“, sagte Mattes.

Kritisch wertete der VDA-Präsident den Vorschlag der EU-Kommission für eine erstmalige CO2-Regulierung bei schweren Nutzfahrzeugen: „Die Industrie unterstützt eine realistische Regulierung grundsätzlich. Der Vorschlag der Kommission lässt jedoch Maß und Mitte vermissen.“ Die EU-Kommission schlage Ziele für die CO2-Minderung von 15 Prozent bis 2025 und 30 Prozent bis 2030 vor. Diese seien etwa doppelt so hoch wie das, was die Industrie für schon sehr ambitioniert, aber immer noch für machbar halte. „Zudem sind die Strafzahlungen bei Zielverfehlungen extrem hoch und nahezu willkürlich gewählt“, betonte Mattes.

„Kritisch sehen wir ebenfalls, was die EU-Kommission im Rahmen des 2. Mobilitätspakets für die CO2–Flottengrenzwerte von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen vorgeschlagen hat. Das Ambitionsniveau von minus 30 Prozent bis 2030 ist schon für Pkw sehr ehrgeizig, für leichte Nutzfahrzeuge ist dieser Wert nicht mehr realistisch“, sagte Mattes. Erstens seien die Bauweisen und Typen leichter Nutzfahrzeuge vielfältig – entsprechend unterschiedlich ist der Verbrauch. Es dürfte damit sehr schwierig sein, einen einheitlichen CO2-Wert umzusetzen. Zweitens seien auch die Potenziale für eine Elektrifizierung außerordentlich unterschiedlich. „Und drittens werden im leichten Nutzfahrzeug neue Technologien meist erst dann eingeführt, wenn sich diese im Pkw bereits bewährt haben“, unterstrich der VDA-Präsident.

Er betonte: „EU-Parlament und Ministerrat sind jetzt gefordert, hier nachzusteuern, um zu einem Ansatz zu kommen, der zwar immer noch ambitioniert sein wird, der aber vor allem auch realistisch und praxisgerecht sein muss. Brüssel macht es sich zu leicht, wenn die Reduktionsraten aus dem Pkw-Bereich einfach auf den ganz anders gelagerten Nutzfahrzeug-Sektor übertragen werden. Leitprinzip jeder CO2-Regulierung muss der Grundsatz der Technologieneutralität sein. Wir müssen alle Potenziale nutzen können.“

Der Blick auf die Märkte hingegen biete Erfreuliches: „Die internationalen Nutzfahrzeugmärkte entwickeln sich gut. So ist unser Heimatmarkt Westeuropa bis einschließlich Mai um gut 1 Prozent gewachsen“, erläuterte Mattes. Im bisherigen Jahresverlauf wurden knapp 125.000 schwere Lkw abgesetzt, der höchste Wert seit 2008. Auch in den neuen EU-Ländern sowie in Russland legten die Lkw-Märkte zu. Bei leichten Nutzfahrzeugen betrug das Plus in Westeuropa in den ersten fünf Monaten 4 Prozent.

Ebenso erfreulich sei die Lage auf dem US-Truckmarkt, der seit dem zweiten Halbjahr 2017 wieder eine starke Dynamik entfalte. In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres habe es ein Plus von knapp 18 Prozent gegeben. China, der weltweit größte Lkw-Markt, habe bis Mai mit plus 12 Prozent ebenfalls zweistellig zugelegt, auch wenn im weiteren Jahresverlauf hier mit einer Abkühlung zu rechnen sei.

Mattes: „Darüber hinaus gibt Brasilien, das Sorgenkind der vergangenen Jahre, wieder Anlass zu Optimismus.“ Die Verkäufe stiegen, wenngleich von niedrigem Niveau, in den ersten fünf Monaten um mehr als die Hälfte. Von früheren Höchstständen sei der Markt aber nach wie vor weit entfernt. Indien, der weltweit drittgrößte Einzelmarkt, habe im bisherigen Jahresverlauf ebenfalls kräftig zugelegt (+49 Prozent).

Positiv entwickelten sich auch die Märkte für Anhänger und Aufbauten. Der Umsatz dieser Herstellergruppe ist in Deutschland bis April um 10 Prozent gewachsen, die Neuzulassungen von Sattelaufliegern bis Mai um 11 Prozent.

Mattes betonte: „Für die Nutzfahrzeugmärkte ist auch der Ausblick auf das Gesamtjahr 2018 weitgehend positiv, zumal die Weltkonjunktur robust ist. Keiner wird dabei die – insbesondere politischen – Risiken übersehen. Dazu gehören auch die Auswirkungen eines Brexit. Es droht in wichtigen Regionen eine Politik der Abschottung und des Protektionismus. Umso mehr müssen wir weiter auf freien und fairen Handel und auf eine Fortsetzung der Verhandlungen zwischen den großen Handelsnationen setzen.“

Die 67. IAA Nutzfahrzeuge (Motto: Driving tomorrow) findet vom 20. bis 27. September 2018 in Hannover statt. Auf der IAA ist die New Mobility World (NMW) das branchenübergreifende B2B-Ereignis für die Mobilität von morgen. Im Mittelpunkt der NMW stehen Vernetztes und automatisiertes Fahren, alternative Antriebe, urbane Logistik und Transportdienstleistungen. Die New Mobility World gibt diesen fünf wichtigen Themen eine eigene Plattform, auf der sich Entscheider und Gestalter darüber informieren, wie Verkehr, Mobilität und Logistik effizienter, grüner und smarter werden können. Mit den drei Eventformaten EXPO, FORUM und LIVE präsentiert die New Mobility World ein umfangreiches Programm mit Erlebnischarakter.

Bild & Text: iaa.de