

Frau Buchinger, Stress und
psychische Belastungen bei
der Arbeit sind in den letzten
Jahren ein viel diskutiertes
Thema und ein häufiger Grund
für krankheitsbedingte Fehltage
und Frühverrentungen geworden.
Wie kommt es dazu?
Wir leben in einer Welt, in der
die Menge an Informationen ex-
ponentiell ansteigt und in der
sich Kommunikation permanent
beschleunigt. Davon sind alle
Lebensbereiche, aber insbeson-
dere die Berufswelt betroffen.
Ständige Erreichbarkeit, Arbeits-
verdichtung und Wandel in immer
kürzeren Zyklen sind nur einige
Herausforderungen der Arbeits-
welt 4.0. Eine aktuelle Studie des
EO Instituts zeigt, dass über 60 %
der befragten Beschäftigten eine
Informationsflut am Arbeitsplatz
erleben und fast 50 % ständig un-
ter Zeitdruck arbeiten. Unabhän-
gig von der Frage nach Ursachen
ist eines Fakt: Eine zunehmende
Zahl von Beschäftigten leidet un-
ter psychischen Belastungen und
empfindet Stress. Die Ursachen
sind vielfältig, die Auswirkungen
eindeutig: Anhaltende psychi-
sche Belastungen gehen auf die
Gesundheit. Deshalb ist im Ar-
beitsschutzgesetz seit 2013 die
Beurteilung psychischer Belas-
tungen im Rahmen betrieblicher
Gefährdungsbeurteilungen expli-
zit verankert.
Sind psychische Belastungen
das Gleiche wie Stress?
Psychische Belastungen sind
äußere Einflüsse, die auf den
Menschen ungünstig einwirken,
z.B. häufige Unterbrechungen.
Langfristig können sie sich nega-
tiv auf die Gesundheit auswirken.
Stress ist die individuelle Reakti-
on auf diese Belastungen. Dazu
ein Vergleich mit körperlichen
Belastungen: Eine vollbeladene
Schubkarre beansprucht einen
großen,
kräftigen
Menschen
kaum. Die gleiche Last kann bei
einem zierlichen Menschen aber
eine hohe Beanspruchung dar-
stellen. In der Arbeitswelt 4.0 ist
es daher wichtig, die Beschäf-
tigten beim Aufbau individueller
Ressourcen zu unterstützen: Exis-
tieren neben den Belastungen
auch Faktoren, die als Ausgleich
wirken, wird die Wirkung von Be-
lastungen gemildert. Beispiel:
Ein hoher Grad an Verantwor-
tung ist bei guter Rückendeckung
durch die Vorgesetzten besser zu
ertragen, ebenso, wenn die Kol-
legenbeziehungen stimmen. Er-
folgreiche Unternehmen fördern
solche Ressourcen.
Was sollten Unternehmen
also tun?
Unternehmen sollten der gesetz-
lichen Verpflichtung zur Durch-
führung einer Gefährdungsbeur-
teilung psychischer Belastungen
nachkommen – was nach den
Ergebnissen einer von uns 2016
veröffentlichten Studie bislang
nur jedes dritte Unternehmen
tut. Und damit verschenken
die Unternehmen bares Geld.
Denn die Gefährdungsbeurtei-
lung psychischer Belastungen hat
das Potential, die Wettbewerbs-
fähigkeit
des
Unternehmens
zu steigern: Negative Einfluss-
faktoren auf Engagement, Moti-
vation und Gesundheit der Be-
schäftigten werden erkannt und
reduziert. Dies wirkt sich positiv
auf Engagement, Produktivität
und Entwicklungsbereitschaft der
Beschäftigten und damit auf den
Unternehmenserfolg aus.
Aber warum führen bislang
nur so wenige Unternehmen die
Gefährdungsbeurteilung psychi-
scher Belastungen durch?
Erstens bestehen erhebliche
Informationsdefizite.
Unserer
Studie zufolge kennt jedes vierte
Unternehmen die gesetzliche
Verpflichtung zur Durchführung
der
Gefährdungsbeurteilung
psychischer Belastungen nicht.
Zweitens ist das Thema in vielen
Unternehmen noch nicht veran-
kert. Prozesse und Verantwort-
lichkeiten sind nicht festgelegt.
Werden Personen intern mit dem
Thema betraut, befassen sie sich
oft ‚nebenher’ damit und sind
zeitlich überlastet. Oft fehlen
Kenntnisse zum Vorgehen. Nicht
selten überfordert das Thema
auch. Unter Umständen bringt es
die Auseinandersetzung mit The-
men wie Konflikten oder unan-
gemessenem Führungsverhalten
mit sich. Daher sollten sich Unter-
nehmen externe Unterstützung
von Psychologinnen und Psy-
chologen holen. Sie bringen die
methodischen Kenntnisse und
das erforderliche Fachwissen mit.
Und wie genau läuft eine
Gefährdungsbeurteilung
psychischer Belastungen ab?
Dazu
können
verschiedene
Methoden zum Einsatz kommen:
Fragebögen, Analyseworkshops
und Interviews. Wir raten dazu,
zwei Methoden zu kombinieren.
Während eine Befragung ein
quantifizierbares Bild liefert, hel-
fen Workshops und Interviews
dabei, Ursachen zu analysieren
und konkrete Maßnahmen zu
entwickeln. Wichtig für die Aus-
wahl der Instrumente: Manch ein
Fragebogen wurde ursprünglich
zu wissenschaftlichen Zwecken
entwickelt, ist aber im Rahmen
der Gefährdungsbeurteilung nur
bedingt geeignet, da die Durch-
führung sehr aufwändig ist oder
Themen erfasst werden, die für
die Gefährdungsanalyse nicht
unmittelbar relevant sind. Das EO
Institut hat mit dem Gefährdungs-
barometer
®
ein kurzes und leicht
verständliches Instrument entwi-
ckelt. Es entspricht den Vorgaben
der GDA (Gemeinsame Deutsche
Arbeitsschutzstrategie) und lässt
sich auch praxistauglich mit
einer allgemeinen Beschäftig-
tenbefragung kombinieren. So
können Gefährdungsbeurteilung
und Organisationsentwicklung
integriert angegangen und das
Unternehmen fit für die Arbeits-
welt 4.0 gemacht werden. Viele
große und mittelständische Un-
ternehmen haben sich daher für
das Gefährdungsbarometer
®
ent-
schieden.
Weitere Informationen sowie die „Gefährdungsbarometer ® - Studie 2017“ erhalten Sie unter www.EO-Institut.de.„Wer die psychische Gefährdungsbeurteilung
richtig umsetzt, macht das Unternehmen fit für
die Arbeitswelt 4.0!“
Laura Buchinger ist Psychologin am EO Institut (
Stand F48, Halle 5
)
und hält am Mittwoch, 18. Oktober 2017 um 13:20 auf der Aktions-
bühne Workplace Design und Corporate Health in Halle 10 einen
Vortrag zum Thema „Strategischer Wettbewerbsvorteil psychische
Gefährdungsbeurteilung“.